Die Fähigkeit, sich anzupassen, gilt als zentrales Element im heutigen globalisierten Arbeitsumfeld. Da Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit international expandieren, sind sie zunehmend auf Expatriates angewiesen, um kulturelle und geschäftliche Unterschiede zu überbrücken. Der Erfolg dieser internationalen Entsendungen hängt jedoch von der Auswahl der richtigen Kandidaten ab. In diesem Blog-Post befassen wir uns mit dem vielschichtigen Prozess der Auswahl erfolgreicher Expatriates und berücksichtigen dabei die Erkenntnisse verschiedener Wissenschaftler und Best-Practices der Branche.
Relevanz der Überprüfung vor der Entsendung
Bevor Unternehmen Fachkräfte ins Ausland entsenden, müssen sie sicherstellen, dass diese Personen für interkulturelle Aufgaben geeignet sind. Diagnostische Instrumente können Vorhersagen über den potenziellen Erfolg eines Bewerbers erleichtern. Dabei geht es nicht nur um die Bewertung von Fähigkeiten oder beruflichen Kompetenzen, sondern auch um die Fähigkeit des Bewerbers, sich an ein fremdes kulturelles Umfeld anzupassen und dort erfolgreich zu handeln.
Ein effektives Screening vor der Entsendung beinhaltet eine umfassende Beurteilung, die über technische Fähigkeiten oder berufliche Leistungen hinausgeht. Dabei wird die psychologische und soziokulturelle Anpassungsfähigkeit potenzieller Expatriates untersucht, um sicherzustellen, dass sie mit den Herausforderungen umgehen können, in einem neuen kulturellen Kontext zu leben und zu arbeiten.
Langfristige Erfolgsmetriken
Die Wirksamkeit des Auftrags eines Expatriates wird nicht nur während der Entsendungsphase gemessen. Die erfolgreiche Wiedereingliederung in das Heimatland und die berufliche Entwicklung nach der Entsendung sind ebenso wichtig. Daher stehen Unternehmen vor der Herausforderung, nicht nur den richtigen Kandidaten für den Einsatz auszuwählen, sondern auch dessen langfristige Karriereentwicklung effektiv zu steuern.
Unternehmen müssen die langfristigen Auswirkungen von Auslandsentsendungen berücksichtigen. Dazu gehört die Planung der beruflichen Entwicklung des Expatriates nach seiner Rückkehr und die Sicherstellung, dass sowohl das Individuum als auch das Unternehmen von der internationalen Erfahrung profitieren.
Ziele des Einsatzes klären
Klare Ziele setzen
Der erste Schritt in diesem ausführlichen Auswahlverfahren besteht darin, die Ziele des Einsatzes zu klären. Diese Ziele bilden die Grundlage für die Bewertung des eigentlichen Erfolgs des Einsatzes. In der Regel lassen sich diese Ziele in zwei Hauptkategorien einteilen:
- Kompetenz-Transfer: Der Auftrag zielt darauf ab, eine bestimmte Wissenslücke im Gastland zu schließen.
- Persönliche Entwicklung: Der primäre Fokus liegt auf der beruflichen Entwicklung des Expatriates und der Verbesserung spezifischer Fähigkeiten durch internationale Erfahrungen.
Die primären Ziele der Entsendung zu verstehen, hilft dabei, den Auswahlprozess so zu gestalten, dass Kandidaten gefunden werden, die nicht nur in der Lage sind, die Aufgabe zu erfüllen, sondern auch von der Erfahrung profitieren und sich weiterentwickeln können.
Erfolg über mehrere Dimensionen evaluieren
Laut El Amine and Cascón-Pereira (2023) kann der Erfolg einer Expat-Entsendung anhand von drei Dimensionen bewertet werden:
- Individuelle Dimension: Dazu gehören die Arbeitszufriedenheit des Expatriates, sein berufliches Wachstum und seine Work-Life-Balance.
- Interpersonelle Dimension: Die Qualität der Beziehungen zu den Kollegen im Gastland, der Wissenstransfer und die familiäre Situation des Expatriates.
- Organisationale Dimension: Strategische Ziele des Unternehmens, die Leistung des Expatriates und der Erfolg der Repatriierung.
Kompetenzen für erfolgreiche Expatriates auswählen
Zu den wesentlichen Kompetenzen, die für den Erfolg eines Expatriates notwendig sind, gehören das Wissen, die Fähigkeiten und die Einstellungen, die für die Ausführung der Position entscheidend sind. Bei Aufträgen, die auf den Transfer von Fähigkeiten abzielen, ist es bedeutend zu beurteilen, ob die Kandidaten über die erforderlichen technischen Fähigkeiten verfügen. Bei Einsätzen, die auf die persönliche Entwicklung abzielen, ist es wichtig, den interkulturellen Entwicklungsbedarf mit diagnostischen Methoden zu ermitteln.
Neben den fachlichen Fähigkeiten ist die interkulturelle Kompetenz essenziell. Sie ermöglicht es den Expatriates, effektiv zu interagieren und sich in die Kultur des Gastlandes zu integrieren, was für den Erfolg der Entsendung entscheidend ist. Zu diesen Kompetenzen gehört die Fähigkeit, mit kulturellen Unterschieden umzugehen, effektiv über kulturelle Barrieren hinaus zu kommunizieren und sich problemlos an neue Umgebungen anzupassen.
Die essenzielle Rolle der interkulturellen Kompetenz
Interkulturelle Kompetenzen, oft als kulturübergreifende oder interkulturelle Intelligenz bezeichnet, sind entscheidend für die Bewältigung von Herausforderungen im Ausland. Diese Kompetenzen ermöglichen effektive und angemessene Handlungen in interkulturellen Situationen. Nach Boecker und Ulama (2008) und Deardorff (2006) sind grundlegende Einstellungen wie Respekt, Offenheit und Neugierde essenziell für die Entwicklung interkultureller Kompetenzen, die sich aus Wissen über sich selbst und die Zielkultur sowie aus Fähigkeiten wie sozialen Kompetenzen und analytischen Fähigkeiten zusammensetzen.
Diese grundlegenden Einstellungen erleichtern die Entwicklung umfassender interkultureller Kompetenzen. Die effektive Anwendung dieser Kompetenzen am Arbeitsplatz führt zu erfolgreichen interkulturellen Interaktionen und trägt damit wesentlich zum Gesamterfolg des Auslandseinsatzes bei.
Anpassungsfähigkeit bei Expatriates
Ein Schlüsselfaktor für erfolgreiche internationale Entsendungen ist die Anpassungsfähigkeit der Expatriates. Das beinhaltet die Fähigkeit, sich in neue kulturelle Umfelder zu integrieren und die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Die Anpassungsfähigkeit umfasst die psychologische Anpassung (emotionale und mentale Bewältigung) und die soziokulturelle Anpassung (Integration und angemessenes Verhalten in der neuen Kultur). Harari et al. (2018) fanden heraus, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Extraversion, emotionale Stabilität und Offenheit mit einer erfolgreichen Anpassung verbunden sind und entscheidende Kriterien bei der Auswahl von Expatriates darstellen.
Die Anpassungsfähigkeit ist nicht nur in der Anfangsphase der Entsendung wichtig, sondern spielt auch bei der erfolgreichen Reintegration des Expatriates nach seiner Rückkehr eine entscheidende Rolle. Unternehmen, welche die Anpassungsfähigkeit ihrer Expatriates effektiv bewerten und entwickeln, können die Erfolgsquote ihrer Auslandseinsätze erheblich steigern.
Das globale Mindset: Stärkung des internationalen Einflusses
Ein globales Mindset ist eine Kombination aus individuellen Fähigkeiten und Einstellungen, die es Expatriates ermöglichen, Menschen, Gruppen und Organisationen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund effektiv zu steuern und zu führen. Dieses Mindset wird in drei Dimensionen eingeteilt:
- Globales psychologisches Kapital: Dieser Aspekt umfasst das emotionale Engagement und die Bereitschaft, sich in einem globalen Umfeld zu engagieren.
- Globales soziales Kapital: Es beschreibt die Fähigkeit, vertrauensvolle Beziehungen zu Menschen aus verschiedenen Regionen der Welt aufzubauen.
- Globales intellektuelles Kapital: Dazu gehört das Verständnis der globalen Geschäftswelt und die Fähigkeit, Informationen effektiv zu analysieren und zu interpretieren.
Expatriates mit einem ausgeprägten globalen Mindset sind besser ausgestattet, um die Komplexität internationaler Einsätze zu bewältigen. Sie sind eher dazu in der Lage, ihre Rolle erfolgreich zu erfüllen und einen bedeutenden Beitrag zu den globalen Zielen des Unternehmens zu leisten.
Zusammenfassung
Die Auswahl von Kandidaten für Expat-Positionen muss über herkömmliche Einstellungsverfahren hinausgehen. Es erfordert eine gut durchdachte Strategie, welche die besonderen Herausforderungen internationaler Entsendungen berücksichtigt. Durch das Verständnis und die Umsetzung dieser detaillierten Auswahlprozesse können Unternehmen die Erfolgsquote ihrer Auslandseinsätze erheblich steigern und sicherstellen, dass sowohl die Mitarbeiter als auch das Unternehmen ihre internationalen Ziele effektiv erreichen.
Diese Version wurde von Vormann & Remhof (2024) übersetzt und angepasst.
References
Boecker, M. C. / Ulama, L. (2008): Interkulturelle Kompetenz – Die Schlüsselkompetenz im 21. Jahrhundert
Deardorff, D. K. (2006): Identification and assessment of intercultural competence as a student outcome of internationalization, in: Journal of Studies in International Education, 10 (3), 241-266
El Amine, N. R. / Cascón-Pereira, R. (2023): What does expatriate success mean? Developing a comprehensive definition through a systematic literature review, in: Career Development International, 29 (1), 3-79
Harari, M. B. et al. (2018): Personality and expatriate adjustment: A meta-analysis, in: Journal of Occupational and Organizational Psychology, 91 (3), 486-517