Expatriates navigieren durch eine einzigartige und oft komplexe berufliche Landschaft. Sie stehen nicht nur mit ihrer Gastorganisation in Kontakt, sondern auch mit ihrer Heimatorganisation, ihren Vorgesetzten und Kollegen. Diese Mehrparteien-Psychologischen Verträge, die sich auf die unausgesprochenen Erwartungen und Verpflichtungen zwischen Mitarbeitern und Arbeitgebern beziehen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung ihrer Erfahrungen, Verhaltensweisen und Ergebnisse während internationaler Einsätze.
In diesem Blog Beitrag untersuchen wir die Erkenntnisse aus dem internationalen Forschungsprojekt „Was im Ausland passiert, bleibt im Ausland? Psychologische Verträge von Expatriates während internationaler Einsätze“. Die folgenden Studien untersuchen die Dynamik der Mehrparteien-Psychologischen Verträge von Expatriates und beleuchten, wie digitale Kommunikation, Remote-Arbeit und sich verändernde Erwartungen diese Vereinbarungen in der heutigen globalisierten Arbeitswelt umgestalten. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf psychologische Verträge werden in diesem Beitrag weiter hervorgehoben.
1. Wenn fremde Wellen heimische Ufer treffen: Die Auswirkungen von Vertragsverletzungen auf die Identifikation mit der Organisation
Die Studie untersucht, wie Vertragsverletzungen – wenn Erwartungen nicht erfüllt werden – zwischen Expatriates und ihren Heimat- oder Gastorganisationen ihre organisatorische Identifikation beeinflussen. Das Forschungsprojekt zeigt, dass Vertragsverletzungen mit der Heimatorganisation emotional eine größere Auswirkung haben als solche mit der Gastorganisation. Dies kann dazu führen, dass Expatriates sich entfremdet und nicht unterstützt fühlen, was sich negativ auf ihre Leistung und ihr Wohlbefinden im Ausland auswirken kann. Diese Erkenntnis ist besonders relevant im digitalen Zeitalter, da die zunehmende Abhängigkeit von virtuellen Kommunikationstools diese Probleme verstärken kann. Fehlkommunikation, der Mangel an persönlichen Interaktionen bei regelmäßigen Heimreisen und begrenzte Unterstützung durch Remote-Teams können das Gefühl der Isolation verstärken. Organisationen müssen proaktiv sicherstellen, dass Expatriates klare und konsistente Kommunikation über digitale Plattformen sowohl von ihrer Heimat- als auch von der Gastorganisation erhalten.
2. Was im Ausland passiert, bleibt im Ausland? Emotionale Regulierung und verschobene Aggressionen bei Vertragsverletzungen von Expatriates
Die zweite Studie fokussiert sich auf die emotionalen Herausforderungen, denen Expatriates bei Vertragsverletzungen begegnen. Wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, können Expatriates Frustration und Aggression erleben, insbesondere wenn sie nicht über die Fähigkeiten zur effektiven Emotionsregulation verfügen. Die Studie betont die Notwendigkeit einer starken emotionalen Regulierung und sozialen Unterstützung, um Expatriates dabei zu helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen und ihre Leistung aufrechtzuerhalten. Im digitalen Zeitalter können Expatriates aufgrund der virtuellen Natur vieler internationaler Einsätze noch mehr emotionalen Stress erfahren. Die begrenzte persönliche Interaktion erschwert es Expatriates, Emotionen wie Frustration und Stress zu bewältigen, was zu Konflikten oder Entfremdung führen kann. Organisationen sollten daher Werkzeuge und Ressourcen bereitstellen, die Expatriates helfen, emotionale Intelligenz und Resilienz zu entwickeln, insbesondere in Remote-Umgebungen.
Schlüssel-Erkenntnisse für Global Mobility Manager und Expatriates
Die Forschungsergebnisse bieten wertvolle Lektionen sowohl für Expatriates als auch für die Organisationen, die sie verwalten, insbesondere in der zunehmenden digitalen Ära:
- Klare Erwartungen und Kommunikation: Um Vertragsverletzungen zu vermeiden, müssen sowohl Heimat- als auch Gastorganisationen sicherstellen, dass Erwartungen klar kommuniziert werden. Dies beinhaltet die Klarstellung von Rollen, Verantwortlichkeiten und der Unterstützung, die Expatriates erwarten können. Angesichts der zunehmenden Abhängigkeit von digitalen Tools müssen Organisationen sowohl Expatriates als auch Führungskräfte in effektiven Kommunikationsstrategien schulen, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Unterstützung bei der emotionalen Regulierung: Organisationen sollten Expatriates Ressourcen zur Verfügung stellen, die ihnen helfen, ihre Emotionen zu regulieren, insbesondere in stressigen Umgebungen. Schulungen in emotionaler Intelligenz sowie die Schaffung von Möglichkeiten zur emotionalen Unterstützung können Expatriates dabei helfen, Herausforderungen effektiver zu bewältigen. In einer Welt, die zunehmend von virtueller Kommunikation abhängt, müssen Unternehmen sicherstellen, dass Expatriates nicht isoliert sind und die emotionale Unterstützung erhalten, die sie benötigen.
- Management von Mehrparteien-Psychologischen Verträgen: Expatriates sind während ihrer Einsätze mit mehreren Parteien in Kontakt, und es ist entscheidend, dass sowohl Heimat- als auch Gastorganisationen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die psychologischen Verträge aufeinander abgestimmt sind. Dies beinhaltet die Aufrechterhaltung der Konsistenz über Kommunikationsplattformen hinweg und die Sicherstellung, dass die Erwartungen der Expatriates in beiden Umfeldern erfüllt werden.
- Aufbau von sozialen Unterstützungsnetzwerken: Expatriates, die über starke soziale und berufliche Netzwerke verfügen, sind besser in der Lage, den Druck des Lebens und Arbeitens im Ausland zu bewältigen. Organisationen sollten die Entwicklung dieser Netzwerke unterstützen, sei es durch Mentoring, Peer-Gruppen oder digitale Verbindungen. Da Expatriates geographisch entfernt sein können, wird die Förderung virtueller Netzwerke zu einem wesentlichen Instrument, um kontinuierliche Unterstützung zu bieten.
Fazit
Die Mehrparteien-Psychologischen Verträge von Expatriates sind von Natur aus komplex. Das Verständnis dieser Dynamiken ist entscheidend für die Verbesserung ihrer Erfahrungen und Ergebnisse im Ausland. Wie in dem beschriebenen Forschungsprojekt hervorgehoben, sind die Verwaltung von Erwartungen, die Bereitstellung emotionaler Unterstützung und die Anpassung an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters Schlüsselfaktoren, die den Erfolg von Expatriates beeinflussen. Durch die Ausrichtung der Strategien auf die sich entwickelnde digitale Landschaft können Organisationen Expatriates dabei helfen, in ihren internationalen Einsätzen erfolgreich zu sein und positive sowie produktive Erfahrungen für alle beteiligten Parteien zu schaffen.
Autoren:
Tassilo Schuster hat eine Forschungsprofessur für nachhaltige Geschäftsmodelle und globale Wertnetzwerke an der Hochschule Neu-Ulm. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Kreislaufwirtschaft, der digitalen Transformation und dem Management internationaler Geschäftstätigkeiten. Zuvor war er Chief Scientist am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS). Seine Forschung wurde in mehreren führenden Fachzeitschriften veröffentlicht, darunter Journal of Product Innovation Management, Journal of Organizational Behavior, Business Strategy and the Environment und Journal of Business Economics.
Lisa Ballas ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im internationalen Forschungsprojekt „Was im Ausland passiert, bleibt im Ausland? Psychologische Verträge von Expatriates während internationaler Einsätze“. Ihr Fokus liegt auf der Untersuchung von Mehrparteien-Psychologischen Verträgen und deren Auswirkungen auf Mitarbeiter im digitalen Zeitalter. Mit ihrer Expertise in sowohl industrieller Erfahrung als auch akademischer Forschung liefert sie wertvolle Einblicke in die dynamischen Veränderungen in der Arbeitswelt. Die Zertifizierung als Stress- und Mental Health Coach ermöglicht es ihr, die psychologischen und emotionalen Aspekte von Arbeitsbeziehungen in einem zunehmend flexiblen Arbeitsumfeld zu adressieren.
Referenzen:
Ballas, L., Schuster, T., & Pflaum, A. (2024). Unravelling psychological contracts in a digital age of work: a systematic literature review. European Journal of Work and Organizational Psychology, 33(5), 614–631. https://doi.org/10.1080/1359432X.2024.2341821
Schuster, T., Bader, A. K., Bader, B., Bader, B., & Rousseau, D. M. (2022). Does what happens abroad stay abroad? Displaced aggression and emotional regulation in expatriate psychological contracts. Journal of Occupational and Organizational Psycholog y, 95, 867–888. https://doi.org/10.1111/joop.12405
Schuster, T., Bader, B., Bader, A. K., & Rousseau, D. M. (2022). When foreign waves hit home shores: Organizational identification in psychological contract breach–violation relationships during international assignments. Journal of Organizational Behavior, 43(3), 369–385. https://doi.org/10.1002/job.2576