Einleitung
Die Entsendung von Mitarbeitern in ausländische Niederlassungen zur Entwicklung von Organisationsstrukturen, zur Schaffung von Wissenstransfer und zur Aus- und Weiterbildung von internationalem Personal ist für internationale Unternehmen von grundlegender Bedeutung (Breitenmoser & Bader, 2021; Setti et al., 2022). Insbesondere der Aufbau und die Nutzung von sozialen Netzwerken, oft auch als „soziales Kapital“ bezeichnet, sind für internationale Organisationen sowie Expatriates und Repatriates von großem Wert (Adler & Kwon, 2002; Emirbayer & Johnson, 2008; van Gorp et al., 2017). Diese Netzwerke, die in den Gastunternehmen aufgebaut werden, erleichtern den Wissensaustausch zwischen der Zentrale und den Niederlassungen ganz erheblich (Peltokorpi et al., 2022). Diese Verbindungen nach der Rückkehr in die Heimat aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass sie für zukünftige internationale Kooperationen und Expatriates erhalten bleiben, ist eine große Herausforderung (Chiang et al., 2018). Repatriates halten häufig sowohl berufliche als auch persönliche Beziehungen zu ihren Netzwerken im Gastland aufrecht, während sie gleichzeitig daran arbeiten, die Verbindungen innerhalb ihrer Netzwerke im Heimatland wiederherzustellen. Der Wiederaufbau dieser Beziehungen kann sich für Rückkehrer als komplex erweisen, was sich negativ auf den Reintegrationsprozess auswirkt (Peltokorpi et al., 2022).
Die Reintegrationsphase markiert das Ende des internationalen Entsendungsprozesses, der die Rückkehr und Wiedereingliederung des Expatriates und seiner Familie in das Heimatland und das Unternehmen aus beruflicher und persönlicher Sicht kennzeichnet. Diese Phase gilt als die herausforderndste und problematischste, insbesondere aus der Perspektive der Zentrale, aber auch aus der Perspektive der Repatriates (Szkudlarek, 2010). Der Mangel an Unterstützung im Wiedereingliederungsprozess im Netzwerk, in der Gesellschaft und im Heimat Unternehmen führt zu verschiedenen Konsequenzen für die Rückkehrer. Infolgedessen erleben die Repatriates häufig Desinteresse an ihrem beruflichen Umfeld und Netzwerk, z. B. an der internationalen Entsendung, was zu Unzufriedenheit, Resignation, psychischem Stress und Kündigungsabsichten führt (Chiang et al., 2018; Sulaymonov, 2017). Die Rolle von Gemeinschaften und Netzwerken bei der Reintegration von Rückkehrern ist noch unzureichend bekannt (Chiang et al., 2018; Mehreen et al., 2024). Dies veranlasst zu einer genaueren Untersuchung der Frage, wie Gemeinschaften zum Reintegrationsprozess von Repatriates beitragen.
Communities und soziale Unterstützung
Community ist dort, wo Menschen mit ähnlichen oder gemeinsamen Werten, Einstellungen und Erfahrungen zusammenkommen (Tönnies, 1887). Teil einer Gemeinschaft zu sein und sich in neue Gemeinschaften zu integrieren, führt zu sozialer Zufriedenheit, einem Gefühl der Zugehörigkeit, einer höheren Arbeitszufriedenheit und damit auch zu einer besseren Leistung und einer geringeren Fluktuationsrate (van Gorp et al., 2017; Yunlu et al., 2018). Darüber hinaus sind die soziale Unterstützung und die Unterstützung durch Netzwerke ein wesentliches Element für die Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit und der Resilienz während herausfordernder Übergänge und lebensverändernder Ereignisse (Feeney & Collins, 2015). Enge und gleichzeitig große und vielfältige Netzwerke im Gast- und Heimatland haben einen positiven Einfluss auf den Integrations- und Reintegrationsprozess (Remhof, 2015). Soziale Verbindungen und unterstützende Beziehungen sind weithin als Schlüsselfaktoren anerkannt, die den Erfolg der interkulturellen Anpassung beeinflussen. Soziale Unterstützung kann verschiedene Formen annehmen und eine Quelle sein, die die interkulturelle Anpassung erleichtert (Caligiuri & Lazarova, 2002). In vertrauten Gemeinschaften haben Repatriates Zugang zu Informationen, erhalten emotionale Unterstützung und fühlen sich von Menschen mit ähnlichen Erfahrungen eingebettet und verstanden (Chiang et al., 2018; Guttormsen, 2018; Ho et al., 2024) Infolgedessen neigen Expatriates und Repatriates dazu, sich in homogenen Gemeinschaften aufzuhalten, in denen sie sich sicher und verstanden fühlen. Dies gibt Repatriates auch das Gefühl, dass die Komplexität im Zusammenhang mit internationalen Entsendungen reduziert wird (Delanty, 2012; Ho et al., 2024). Um die Rolle von Gemeinschaften und sozialen Netzwerken während des Repatriierungsprozesses zu beleuchten, wurden Interviews durchgeführt.
Eine empirische Studie über Einflussfaktoren im Kontext von Gemeinschaften
Eine empirische Studie mit sieben Experteninterviews mit nach China/Hongkong entsandten Repatriates wurde durchgeführt, um Einflussfaktoren und die Rolle von Gemeinschaften im Repatriierungsprozess zu untersuchen. Die Expatriates mussten mindestens 12 aufeinanderfolgende Monate in einem internationalen Einsatz gewesen sein (Langzeiteinsätze). Die Befragten wurden alle von großen deutschen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern aus den Branchen Chemie (N = 4), Automobil (N = 1) sowie Metall und Elektronik (N = 2) ins Ausland entsandt. Die Repatriates hatten vor und nach der Entsendung Positionen im mittleren bis höheren Management inne.
Ergebnisse und praktische Empfehlungen
Berufliche Wiedereingliederung in das Heimatunternehmen:
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Unsicherheit über die Karriereaussichten im Heimatunternehmen negativ auf die Erwartungen und die Wiedereingliederung von Rückkehrern auswirkt. Eine fehlende strategische Karriereplanung seitens des Heimatunternehmens steht oft im Widerspruch zu den Erwartungen der Repatriates. Repatriates erwarten oft, dass sie nach ihrer Rückkehr in eine höhere Position befördert werden. Auch das Fehlen von Mentoring-Programmen, Peer-Groups, emotionaler Nähe und Vertrauen innerhalb des Heimatunternehmens wurde von den Repatriates als negativ empfunden. Auf der anderen Seite erleichtern starke Bindungen und Verbindungen zum Heimatunternehmen die Rückkehr. Auch die emotionale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte sowie die organisatorische Unterstützung durch die Zentrale, z. B. Hilfe bei der Suche nach einer neuen Unterkunft usw., wurden als positiv empfunden. Fehlende emotionale und informationelle Unterstützung durch Arbeitskollegen, Ablehnung und mangelnde Wertschätzung des Auslandseinsatzes führen zu Enttäuschung und Flucht in vertraute Repatriate Communities, einen Ort des Verständnisses.
Der Erfolg des Wiedereingliederungsprozesses hängt von einer klaren Kommunikation, der Steuerung der Erwartungen und der Aufrechterhaltung einer professionellen Beziehung zwischen den Rückkehrern und der Zentrale ab. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sowohl die Zentrale als auch der Repatriate ihre Erwartungen transparent definieren und die berufliche Laufbahn nach der Rückkehr besprechen. Dadurch wird die Unsicherheit über die künftigen Karriereaussichten minimiert und ein Gefühl der Stabilität und des Vertrauens gefördert. Die Aufrechterhaltung von (internen oder unternehmensübergreifenden) beruflichen Netzwerken während des Einsatzes ist wichtig, um den Kontakt zu halten. Vorgesetzte können dies unterstützen, indem sie regelmäßige Treffen organisieren und den Informationsaustausch erleichtern und so dazu beitragen, dass der Repatriate über die Entwicklungen im Unternehmen auf dem Laufenden bleiben. Die Pflege von Beziehungen zu Kollegen im Heimatland stärkt diese Verbindung, da diese Beziehungen oft eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung des Wiedereingliederungsprozesses spielen. Schließlich sollte die Zentrale die internationale Entsendung schätzen, Interesse zeigen und das neue Wissen, insbesondere das informelle Wissen über die Kultur und die Kompetenzen nutzen. Die Anerkennung der Herausforderungen und Beiträge der Rückkehrer bietet eine wesentliche emotionale Unterstützung, die wichtig ist, damit sich die Rückkehrer wertgeschätzt fühlen.
Soziale Wiedereingliederung in die Gesellschaft des Heimatlandes:
Es ist wichtig, die soziale Wiedereingliederung von Rückkehrern in die Gesellschaft ihres Heimatlandes zu berücksichtigen, da sich dies auch in ihrer Wiedereingliederung in das Berufsleben widerspiegelt. Ähnlich wie im Berufsleben wirkt sich die Ablehnung und das Desinteresse der Gesellschaft negativ auf die Wiedereingliederung aus. Das Gefühl, von der lokalen Gemeinschaft abgekoppelt und isoliert zu sein, verhindert die vollständige Wiedereingliederung der Repatriates. Unzureichende soziale Unterstützung im heimischen Umfeld wurde als ein wiederkehrendes Problem festgestellt. Dieser Mangel an Verständnis und Unterstützung veranlasste die Repatriates häufig dazu, eine kosmopolitische Gemeinschaft zu suchen, in der sie sich stärker zugehörig fühlten und mit anderen zusammenkommen konnten, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten.
Die Repatriates gaben an, dass das Leben in einer vielfältigen und integrativen Gesellschaft, in der ihre Erfahrungen verstanden und geschätzt wurden, ihnen eine schnellere Anpassung und Reintegration ermöglichte. Auch die emotionale und praktische Unterstützung durch Familienangehörige wurde hoch geschätzt und als fördernder Faktor für die Wiedereingliederung der Rückkehrer anerkannt. Andererseits erwies sich die soziale Wiedereingliederung als schwierig, wenn sich Beziehungen, wie z. B. Freundschaften, während oder nach der Entsendung verschlechterten oder wenn die Netzwerke im Heimatland schwächer wurden oder ganz zusammenbrachen. In solchen Fällen mussten die Repatriates oft ihre sozialen Netzwerke neu aufbauen und neue Beziehungen und Freundschaften knüpfen, um ein Gefühl der Zugehörigkeit zu erlangen und sich wieder in ihre Heimat Gesellschaft zu integrieren.
Berufliche und soziale Wiedereingliederung der begleitenden Familienangehörigen:
Der Reintegrationsprozess von begleitenden Familienangehörigen (Ehepartner und Kinder) von Repatriates hat einen erheblichen Einfluss auf den Reintegrationsprozess der Repatriates. Wenn Probleme bei der Wiedereingliederung von Familienangehörigen auftreten, wird die Wiedereingliederung von Rückkehrern als schwierig empfunden, selbst wenn sie gut funktioniert. Gelingt hingegen die Reintegration der begleitenden Familie, hat dies einen positiven Einfluss auf die Reintegration der Repatriates. Die Wiedereingliederung des begleitenden Partners in das Arbeitsleben wurde als schwierig empfunden. Der Partner musste häufig seinen Arbeitsplatz vor dem Auslandseinsatz aufgeben und ging während des Auslandsaufenthalts in der Regel keiner beruflichen Tätigkeit nach. Infolgedessen hatten sie nur begrenzten oder gar keinen Zugang zu beruflichen Netzwerken im Inland. Dabei kann die Firmenzentrale Unterstützung bieten, indem sie den Partnern bei der Rückkehr ins Berufsleben hilft.
Ähnlich wie bei der Wiedereingliederung von Aussiedlern haben auch die mitreisenden Familienangehörigen Schwierigkeiten, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Auch die Partner erleben Desinteresse an ihrem Leben im Ausland und Ablehnung in ihrer Heimatgesellschaft. Zusätzlich wird der Wiedereingliederungsprozess für die Partner dadurch erschwert, dass von ihnen erwartet wird, dass sie die alleinige Verantwortung für die logistischen Aspekte der Rückkehr übernehmen, z. B. für die Wohnungssuche, die Bewältigung bürokratischer Prozesse und die Suche nach einer Kinderbetreuung. Diese Situation führt zu einer erheblichen emotionalen und physischen Belastung, die zu einer doppelten oder dreifachen Belastung führt. Da die Rückkehrer und die sie begleitenden Familienangehörigen mit dem Wiedereingliederungsprozess zu kämpfen haben, besteht die Tendenz, sich in die Gemeinschaft der Rückkehrer zurückzuziehen oder zum nächsten Auslandseinsatz weiterzuziehen.
Fazit
Die zentralen Ergebnisse der Studie zeigen, dass es Faktoren im Kontext von Gemeinden und Gesellschaft (soziale Unterstützung) gibt, die den Reintegrationsprozess von Repatriates beeinflussen, die sowohl reintegrationsfördernde als auch reintegrationshemmende Effekte haben. Die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Reintegration von Rückkehrern sind das Wohlbefinden in der Gemeinschaft und der Heimatgesellschaft und das Gefühl, verstanden zu werden. Dies führt zu höherer Arbeitszufriedenheit, besserer Leistung, geringerer Fluktuationsrate, psychischer Gesundheit und sozialer Zufriedenheit.
Autor: Lena M. Fischer hat einen Master in Betriebswirtschaftslehre von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, mit Studienerfahrung in Taiwan. Sie verbrachte drei Jahre als Forschungsassistentin an der TU Chemnitz und trug zu verschiedenen Projekten bei. Nach einem Sabbatical, das sie durch Asien führte, wird sie im April 2024 als Doktorandin in das Team von Mike Geppert an der FSU eintreten.
Referenzen
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